Ich habe keine Erwartungen mehr an das Leben oder meine Mitmenschen.
Wie oft höre ich diesen Satz und wenn ich ehrlich bin, habe ich ihn selbst noch vor einiger Zeit als Antwort auf die Frage, wie ich mit Enttäuschungen umgehe, verwendet. Dabei klingt er doch recht deprimierend, findest du nicht? Denn was ist schon das Leben wenn wir keine Erwartungen daran haben? Erwartungen können Fragmente von großen Träumen und Zielen sein. Sie stehen für Hoffnung und Lebenslust. Viel mehr noch: Sie können uns zu unseren wahren Lebensträumen führen. Die Aussage keine Erwartungen an das Leben zu haben, impliziert bereits eine gewisse Angst vor Enttäuschungen. Warum knüpfen wir aber überhaupt Erwartungen an Enttäuschungen?
In diesem Artikel verrate ich dir ein Geheimnis, das gar keins sein sollte: Diese beiden Wörter müssen nichts miteinander zu tun haben. Wie und warum erkläre ich dir anhand einer kleinen Geschichte:
Vom Banalen ins Fatale
Marie ist aufgeregt wie ein kleines Schulkind. Sie hat bald Geburtstag und freut sich dieses Jahr besonders darauf. Sie erinnert sich daran, wie sie vor ein paar Wochen mit ihrem Freund Daniel an dem Schaufenster von einem Reisebüro stehengeblieben ist, weil sie darin ein tolles Angebot für ein romantisches Wellness Wochenende entdeckt hat. „Schau mal Schatz, ist das nicht schön?“, versuchte sie damals auch Daniel darauf aufmerksam zu machen, der ihr gleich zustimmte. Für Marie steht es deswegen fest, dass Daniel ein besonderes Geschenk für ihren Geburtstag geplant haben muss, immerhin weiß er ja er durch ihre freudige Reaktion am Schaufenster Bescheid, wie begeistert sie von einem Wellness Wochenende wäre. Als der Tag dann endlich gekommen ist, öffnet sie voller Freude ihre Geburtstagsgeschenke. Da das Beste zum Schluss kommen soll, hebt sie sich Daniels Geschenk als Letztes auf. Als nun sein Geschenk an der Reihe ist und sie erwartungsvoll das Geschenkpapier davon löst, erblickt sie einen selbst gebastelten Gutschein für ein Zelt Wochenende am Bodensee.
Bye, bye Rosen Blätter Bad und kuscheliger Bademantel, hallo zerplatzte Träume. Marie versucht sich zwar die Enttäuschung so gut es geht nicht anmerken zu lassen aber ein schlimmeres Geschenk als Zelten wäre für sie nur noch eine Packung bunter Socken gewesen. Sie ist jedoch nicht nur vom Geschenk enttäuscht, nein sie ist von ihrem Freund enttäuscht. Er müsste sie doch kennen? Waren ihre Zeichen am Schaufenster nicht deutlich genug? Hatte sie zu hohe Erwartungen an ihren Freund? An dieser Stelle kommen zwei interessante Aspekte ins Spiel, die zu falschen Erwartungen führen können: die fehlende Kommunikation und reine Vermutungen. Wir leben nicht in einer Welt, in der wir durch Rauchzeichen kommunizieren müssen. Wir können unsere Wünsche anderen Menschen klar und deutlich mitteilen. Aber anstatt unsere Wünsche zu formulieren, erwarten wir vom Gegenüber, dass er uns doch „kennen muss“. Doch wer kann schon Gedanken lesen? Richtig, niemand.
Während Marie in unserem Beispiel aufgrund von Vermutungen davon ausgegangen ist, dass Daniel doch nun genau wissen müsste, was sie sich wirklich wünscht, hat Daniel ihre Reaktion am Schaufenster ganz anders interpretiert. Er erinnerte sich daran wie Maria irgendwann einmal gesagt hat, dass sie sich gerne in der Natur aufhält. Für Daniel war Maries Verhalten daher ein klarer Beweis, dass sie gerne wieder mehr Zweisamkeit in der Natur hätte, immerhin war im Schaufenster auch ein malerischer See auf dem Plakat abgebildet. Aus diesem Grund überlegte er sich ein Geschenk, worüber sie sich freuen könnte, was aber auch gleichzeitig überraschender wäre als das Angebot im Schaufenster. Anhand dieses Beispiels ist deutlich erkennbar, dass sowohl Marie als auch Daniel lediglich Vorstellungen von den Gefühlen der anderen hatten. Beide hatten nur Fragmente aus vergangenen Konversationen und „Zeichen“, die sie als Basis für ihre Erwartungen und Handlungen verwendet haben. Niemand wollte den anderen absichtlich oder vorsätzlich damit kränken oder verletzen aber es zeigt wie aus banalen Alltagssituationen vermeidbare Spannungen entstehen können.
Nicht irgendeine Erwartung führte bei Marie zur Enttäuschung, sondern die falsche Erwartung, die durch mangelhafte Kommunikation entstanden ist. Erwartungen sind immer Interpretationen von bestimmten Situationen. Sie sind Vorstellungen, wie etwas sein könnte. Vorstellungen haben aber zunächst wenig mit der Realität zu tun und dennoch können sie zur Eintrittskarte für die Verwirklichung vieler Träume werden, wenn wir wissen wie wir mit ihnen umgehen können. Hier sind 5 Möglichkeiten wie es gehen kann:
5 Möglichkeiten für den Umgang mit Erwartungen: 5 Schritte zum Glück
1. Bye, bye Enttäuschungen
Zunächst einmal sollte unterschieden werden zwischen Erwartungen zu deren Erfüllung wir selbst etwas beitragen können und Erwartungen deren Erfüllung hauptsächlich von äußeren Faktoren abhängig ist. Bevor du also etwas erwartest, solltest du dir darüber im Klaren sein, dass es einen Handlungsbereich gibt, zudem du etwas dazu beitragen kannst, damit diese Erwartungen erfüllt werden aber, dass es auch Bereiche gibt, auf die deine Handlungen keinen Einfluss haben können. Wenn du dir dessen bewusst bist, kannst du gar nicht mehr enttäuscht werden. Warum? Weil du selbst dein Bestes für deine Erwartungen getan hast! Der Rest liegt nicht mehr in deiner Hand. An dieser Stelle tritt das Vertrauen ins Spiel: das Vertrauen in andere Menschen und das Vertrauen in das Leben. Nur manchmal spielt das Leben ganz anders als wir es erwartet hätten, aber weißt du was? Das ist gut so! Denn jede neue Abzweigung ist ein Hinweis.
Sieh ein Hindernis nicht als Enttäuschung, sondern als Wegweiser und kehre zu deiner eigentlichen Erwartung immer wieder zurück und frage dich: Warum erwarte ich das? Entspricht diese Erwartung überhaupt meiner inneren Wahrheit oder spielt mir da mein Ego wieder einen Streich? Anstatt unerfüllte Erwartungen als Enttäuschungen abzustempeln sollte man sie als beste Lehrer des Lebens akzeptieren. Sie zeigen unsere sensiblen Stellen, sie machen uns auf innere Baustellen aufmerksam. Erfüllte Erwartungen dagegen sind die Krönung für die Fülle des Lebens. Sie sind wie das Sahnehäubchen auf deinem Leben, das schon ohne Sahnehäubchen vollkommen ist. Echte erfüllte Erwartungen entstehen aus dem Gefühl der Fülle und nicht des Mangels.
Während unerfüllte Erwartungen häufig aus einem Gefühl des Mangels und der Angst entstehen. Du siehst also, dass nicht die Erwartungen selbst für Enttäuschungen sorgen, sondern wie wir mit ihnen umgehen und welchen Wert wie ihrer Nichterfüllung beimessen. Enttäuschung ist menschlich und gehört zum Leben dazu. Entscheidend für das persönliche Glück ist aber ob wir sie annehmen und trotzdem hoffnungsvoll weiter leben oder ob wir der Enttäuschung mehr Raum gewähren als sie wirklich benötigt und uns damit nur selbst behindern.
2. Wie du Erwartungen innerhalb deines eigenen Handlungsbereichs erfüllen kannst
Ganz einfach: Indem du dein Bestes gibst! Formuliere zunächst für dich (in Form eines Tagebucheintrags oder eines Briefs) ganz klar deine Erwartungen an dich, an das Leben und an andere Menschen aber hinterfrage auch die Gründe für deine Erwartungen. Sind es wirklich deine eigenen Erwartungen oder die Erwartungen der Gesellschaft? Suche niemals das Glück im Außen!
3. Wie du produktive Erwartungen von falschen Erwartungen unterscheiden kannst
Hin und wieder lohnt es ich hinter die Erwartungen zu schauen. Sind deine Erwartungen aktuell? Sind es deine eigenen Erwartungen? Stimmen sie mit deinen persönlichen Werten überein oder hast du diese Erwartungen weil sie gerade in Mode sind? Wenn du immer wieder zu den Wurzeln deiner Erwartungen zurückkehrst, stellst du fest, dass manche Erwartungen unnötig sind, manche dich jedoch glücklich machen. Du kannst deine eigenen Bedürfnisse auf diese Weise besser kennenlernen und falsche Erwartungen loslassen.
4. Kommuniziere und übersetze deine Gefühle
Nichts ist wichtiger als die richtige Kommunikation. Dazu gehört nicht nur die Kommunikation mit anderen Menschen, sondern auch die permanente Kommunikation mit dir selbst. Wir Menschen durchleben so viele Emotionen, die unser Leben bewusst und unterbewusst beeinflussen. Emotionen machen sich früher oder später verbal bemerkbar. Doch anstatt sie einfach unkontrolliert verbal fließen zu lassen und dadurch eventuell Dinge zu sagen, die gar nicht so gemeint sind, ist es hilfreich, sich über die eigenen Emotionen bewusst zu werden. Warum fühlen wir uns gerade so wie wir uns fühlen? Jede Emotion hat eine Ursache. Diese Ursache kann helfen Emotionen und die dadurch entstandenen Erwartungen präzise und achtsam zu formulieren, bevor sie eventuell destruktive Formen annehmen können. Die Übersetzung der eigenen Gefühle ist die Lösung für eine richtige Kommunikation.
5. Hör auf zu warten! Visualisiere deine Erwartungen
Du hast große Erwartungen an das Leben? Wunderbar! Große Erwartungen an das Leben sind der erste Schritt zum Erfolg. Viele machen jedoch nur diesen einen Schritt und warten dann, dass etwas Großartiges passiert. Ist dir schon aufgefallen welches weitere Wort im „Erwarten“ steckt? Ich verrate dir jetzt etwas: Großartiges passiert nicht während du wartest, Großartiges erschaffst du selbst! Du kannst deine Erwartungen erfüllen und deine wahren Träume Realität werden lassen. Aber dazu gehört viel Mut, Arbeit, Geduld und Fleiß. Erfüllte Erwartungen bedeuten viel Verantwortung und Arbeit aber auch die Flexibilität einzusehen, dass bestimmte Erwartungen längst überholt sind oder dir gar nicht mehr gut tun. Ersetze sie mit neuen Erwartungen, die besser zu dir und deinem Leben passen.
Märchen geschehen nicht über Nacht, sie werden geschrieben und gelebt, mit Schweiß, Blut und manchmal Tränen. Die anderen sehen dann ein unglaubliches, beeindruckendes „Märchen“ doch nicht die ganze schweiß-auftreibende, leidenschaftliche Arbeit dahinter. Daher versuche deine Erwartungen zu visualisieren. Wie würden sie in Form von Taten aussehen? Bist du bereit den nächsten und den nächsten und noch viele weitere nächste Schritte dafür zu gehen? Wenn du immer noch weiter gehen willst, dann sind es nicht nur mehr Erwartungen, sondern deine Lebensträume.
Ein wirklich inspirierender Post – vielen Dank dafür!
Manchmal tut es wirklich gut, sowas zu lesen, um sich selber zu reflektieren 🙂
Du hast absolut Recht, Kommunikation ist alles! Wir haben “die vier Seiten einer Nachricht” in der Berufsschule bis zum Erbrechen durchgekaut, und auch wenn es uns allen irgendwann zum Hals raus hing, ist definitiv viel Wahres daran. Man muss sicher sein, dass man auf einer Eben kommuniziert. Man darf nicht davon ausgehen, dass der andere Gedanken lesen kann. Oder gar wissen müsste, was man eigentlich meint, weil es doch so enorm offensichtlich ist.
Grüße
Nessa
https://ichdupasst.blog
Liebe Nessa,
vielen Dank, es freut mich wenn mein Post dich inspiriert hat. Ich glaube auch, dass wir durch aufrichtige Kommunikation die Welt, und sei es auch nur für den Anfang die eigene, ein Stück besser machen können.
Ich wünsche dir einen wundervollen Tag.
Liebe Grüße,
Lina