Furusato oder warum ich schon immer nach Japan wollte

Fünf Zentimeter pro Sekunde – das ist die Geschwindigkeit der Kirschblüten bis sie auf die Erde fallen und gleichzeitig auch der Name eines der schönsten und romantischsten Animes aus Japan. Wenn man Menschen fragt, ob sie jemals nach Japan reisen möchten, dann gibt es in der Regel nur zwei Extreme: Entweder haben sie kaum oder gar kein Interesse an dem Land oder sie WOLLEN UNBEDINGT bereits seit ihrer frühsten Kindheit in das Land der aufgehenden Sonne!

Ich gehörte schon immer zu den Menschen, die am liebsten in Japan leben würden. Vielleicht weil ich erst durch Japan wusste, wie lange Kirschblüten brauchen bis sie die Erde erreichen und vielleicht weil es im Japanischen unübersetzbare Wörter gibt, die ganze Emotionen,  Zustände und Situationen beschreiben. Vielleicht weil die Menschen in Tokyo Schlange stehen an einer kleinen Imbiss Bude, weil sie wissen, dass der Koch bald in Rente gehen wird und sie sich auf diese Weise bei ihm bedanken.

Schuld war nur der Fernseher

Wenn ich alle Beweggründe aufschreiben müsste, warum ich unbedingt mal nach Japan gehen wollte, dann könnte ich aufzählen bis zum Mond und mir würde bestimmt immer wieder etwas Neues einfallen. Das erste Mal mit Japan kam ich in Berührung, kurz nachdem meine Familie und ich nach Deutschland ausgewandert sind. Schuld war nur der Fernseher. Dort lief damals der Anime „Ein Supertrio“ und noch einige andere Zeichentrickfilme, von denen ich jedoch damals nicht einmal wusste, dass sie in Japan produziert worden sind. Bereits als Kind imponierte mir die Vorstellung, dass drei wunderschöne Powerfrauen in High Heels für Gerechtigkeit kämpften.

Später schaute ich noch viele weitere Animes und wollte nichts sehnlichster als selbst in diesen fantastischen Welten zu leben. Die Message, dass Frauen sowohl atemberaubend schön als auch unglaublich stark, intelligent, lustig und emanzipiert sein konnten, ist auf jeden Fall bei mir angekommen. Als Kind stand für mich fest: So möchte ich auch mal werden! Daher wurde mein Interesse für Japan nur größer.

Von Animes und Mangas über Haruki Murakami und Banana Yoshimoto

Schnell bemerkte ich, dass ich mich persönlich vor allem vom Außergewöhnlichen angezogen fühlte. Das Magische, Unerklärliche und Mystische, was ich bereits als kleines Kind so sehr spüren und doch noch nicht einordnen konnte. Die kleinen deutschen Dörfer, in denen ich über die Jahre verteilt wohnte, konnten jedenfalls meinen Hunger nach dem Sonderbaren und Außergewöhnlichen nicht stillen. Obwohl ich es versuchte, fühlte ich mich nie richtig zugehörig. Zu sehr zog es mich zum Ungewöhnlichen. Und es war als würde mich das Ungewöhnliche verfolgen. Als würden die Bücher, Filme und Mangas mich aussuchen und nicht umgekehrt.

Jede Geschichte schien mich zur richtigen Zeit, am richtigen Ort zu erreichen. Zunehmend fragte ich mich, was es mit diesem Land auf sich hat, das solche kreativen und fantastischen Werke hervorbringt. Was mit Animes und Mangas begonnen hatte, wurde nach und nach immer größer. Als Jugendliche interessierte ich mich zunehmend für die japanische Literatur und habe angefangen Haruki Murakamis und Banana Yoshimotos Romane zu lesen. In ihren Büchern zu versinken war ein Gefühl so warm wie nach Hause zu kommen. Ein Stück Heimat in der Fremde. Furusato. So widersprüchlich, dass es schon wieder Sinn ergab.

Bekannte Fremde

Ein fremdes Land erschien mir trotz Tausenden von Kilometern so viel näher und vertrauter als das Land, in das wir ausgewandert waren. Und spätestens da stand für mich fest: Ich will unbedingt mal nach Japan! In dieses Land, wo Künstler leben, die so unglaublich talentiert sind. Ich wollte wissen, was sie in diesem Land zu ihren Werken inspiriert, woher diese tief poetische Melancholie kommt, die ich selbst so oft empfunden habe und diese völlig andere Sichtweise auf das alltägliche Leben kennenlernen, sie vor Ort spüren: Ich wollte dort U-Bahn fahren, das leckere Essen probieren, mich in Tokyo verirren, den Duft nach dem Regen wahrnehmen, am Meer spazieren, den Himmel sehen und fragte mich ob die Kirschblüten wirklich so unwirklich schön waren, wie sie immer dargestellt wurden. Doch die Jahre vergingen und wie so oft im Leben sagte auch ich zu mir: „Irgendwann…“ Es würde schon ein neues nächstes Jahr geben. Vielleicht hatte die Zeit auch einen Grund.

Zur Kirschblüte in Japan: Ein Kindheitstraum wurde wahr

Mit den Jahren bin ich viel gereist und stellte fest, dass ich noch weitaus viel mehr Interessen hatte als ich zunächst angenommen habe. Ich besuchte Länder, die mich überrascht und verändert hatten. Ich hatte Delfine und Wale in der freien Natur gesehen, tanzte zu Rockmusik in Vietnam und bin durch Landschaften gefahren, wo ich mehr Rentieren als Menschen begegnet bin. Die Sehnsucht nach Japan war zwar noch vorhanden aber nicht mehr so stark ausgeprägt. Doch das Kind in mir war mal wieder lauter. Es wollte nach wie vor in das Land seiner Träume. Also habe ich kurzerhand beschlossen, dass ich 2018 auf jeden Fall nach Japan reisen würde. Und nicht einfach zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt, sondern zur besten Reisezeit der Kirschblüte. Diesen festen Entschluss fasste ich jedoch erst nach ein paar Gläsern Sekt und viel Konfetti an Silvester. Ein Knall zu viel, perlendes Lachen und mein Kindheitstraum, hatten mich einfach überzeugt.

Es gab nur einige Hürden: Ich hatte kaum Zeit ausgiebig zu planen und zu organisieren. Hinzu kam, dass ich eigentlich erst im Februar mit der tatsächlichen Planung begonnen hatte. Wie ich jedoch, obwohl ich mal wieder vieles anders gemacht habe als empfohlen, trotzdem noch in Japan gelandet bin und dort gefühlt alle Jahreszeiten erlebt habe, erfahrt ihr in meinem nächsten Blogpost Last Minute nach Japan: Geht das? Bis dahin wünsche ich euch viel Spaß in meiner Galerie der unübersetzbaren Wörter aus Japan. Was ist euer Lieblingswort?